Preisträger 2006

James D. Wolfensohn

Der Theodor-Heuss-Preis für das Jahr 2006 wird dem ehemaligen Präsidenten der Weltbank James D. Wolfensohn zuerkannt, für sein außerordentliches persönliches Engagement mit dem er sich für die grundlegende Verbesserung der Lebensbedingungen der Roma und für die Beendigung ihrer jahrhundertealten gesellschaftlichen Ausgrenzung in Europa einsetzt.

 

Von Jugend an trägt James D. Wolfensohn das Gefühl und die Überzeugung in sich, einen »wohltätigen Auftrag« im Leben zu haben. Es war deshalb für ihn die Erfüllung eines Traumes, Präsident der Weltbank zu werden. Während seiner Präsidentschaft verlor er nie sein Ziel aus den Augen, dass die Weltbank ein Instrument zur weltweiten Bekämpfung der Armut werden und sich vorrangig um Strategien für den nachhaltigen Armutsabbau bemühen müsse. Deshalb hat er als einer der Hauptinitiatoren die »Decade of Roma Inclusion; 2005–2015« ins Leben gerufen.

 

Die Roma sind mit rund 10 Millionen Menschen die größte Minderheit in Europa. Die »Dekade der Integration der Roma« ist die erste und systematischste europaweite Aktion gegen Armut und Antidiskriminierung dieser Minderheit. In den Westeuropäischen Gesellschaften, insbesondere in Deutschland, wird die Situation der Roma noch kaum wahrgenommen, doch scheinen ihre Grundrechte in vielen Ländern als gefährdet. Dieser Zustand ist nicht nur inakzeptabel für die Roma selbst, insbesondere mit Blick auf die Lebensperspektiven ihrer Kinder; er birgt auch die Gefahr wachsender wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Konflikte im zusammenwachsenden Europa und damit große Risiken für seine demokratische Entwicklung.

 

Der Theodor-Heuss-Preis 2006 gilt einem ehrlichen Vermittler im globalen Interessenausgleich, der sich in besonderer Weise für Minderheiten einsetzt und vorbildlich besonders jungen Menschen Mut macht und Wege in die Zukunft aufzeigt. Dafür schulden wir ihm Dank und Anerkennung.

Schworalle - Hallo Kinder

Eine Theodor-Heuss-Medaille für das Jahr 2006 wird der Initiative »Schaworalle – Hallo Kinder« zuerkannt, für ihr beispielstiftendes Engagement, mit dem sie sich, orientiert an der Identität, Kultur, Geschichte und Tradition der Roma, um die pädagogische Unterstützung, die Existenzsicherung und um die Schul- und Berufsvorbereitung und – begleitung von Roma-Kindern bemüht.

 

Die Tageseinrichtung für Kinder und Jugendliche »Schaworalle – Hallo Kinder« in Frankfurt am Main setzt sich vorbildlich gegen die soziale und kulturelle Ausgrenzung der Roma-Kinder und -Jugendlichen ein. Sie ist ein Prototyp unter deutschen Bildungseinrichtungen und vereint erfolgreich Kindergarten und Schulvorbereitung, Alphabetisierung, Gruppenunterricht und Einzelförderung, Elterntreff und Jugendhaus unter einem Dach. Gleichzeitig übernimmt sie eine Mediatorenrolle zwischen offiziellen Stellen und Behörden und den ständig von der Ausweisung bedrohten Roma-Familien mit dem Ziel, alle Beteiligten zu befähigen, in Zukunft ohne Vermittler zu kommunizieren.

 

Die Roma sind mit rund 10 Millionen Menschen die größte ethnische und kulturelle Minderheit in Europa. In allen europäischen Ländern sind sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Sie leben in größter Armut, ihre Wohnverhältnisse sind erbärmlich, sie haben kaum Zugang zu sozialer und gesundheitlicher Versorgung, zu Bildung, Ausbildung und Arbeit und sie sind in besonderem Maße der Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung ausgesetzt.

 

Die Theodor-Heuss-Stiftung will mit »Schaworalle – Hallo Kinder« eine Initiative auszeichnen, die aktiv den Kampf gegen Bildungsarmut und gesellschaftliche Ausgrenzung aufgenommen hat und sich damit beispielhaft für ein demokratisches und solidarisches Europa einsetzt.

Pakiv European Roma Fund

Eine Theodor-Heuss-Medaille für das Jahr 2006 wird dem Pakiv European Roma Fund zuerkannt, für sein beispielstiftendes Engagement, mit dem er sich um die Stärkung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, vor allem osteuropäischer Roma, verbunden mit der Erschließung von Einkommensmöglichkeiten, bemüht.

 

Pakiv wirkt der seit Jahrhunderten bestehenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ausgrenzung der Roma vorbildlich entgegen. Durch den Aufbau intensiver und vertrauensvoller persönlicher Beziehungen zwischen den Pakiv-Mitgliedern auf der Basis gemeinsamen Lernens und praktischer Zusammenarbeit ist ein trag- und konsensfähiges internationales Netzwerk von lokal und regional engagierten, verantwortungsbewussten Roma entstanden. Pakiv ist dadurch zu einem Modell internationaler lern- und projektbasierter Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung in Europa geworden.

 

Die Roma sind mit rund 10 Millionen Menschen die größte ethnische und kulturelle Minderheit in Europa. In den Westeuropäischen Gesellschaften, insbesondere in Deutschland, wird die Situation der Roma noch kaum wahrgenommen, doch scheinen ihre Grundrechte in vielen Ländern als gefährdet. Dieser Zustand ist nicht nur bedenklich für die Roma selbst. Besonders mit Blick auf die Perspektiven der Kinder zeigt sich, dass kulturelle und soziale Konflikte und eine fehlende wirtschaftliche Entwicklung in einem zusammenwachsenden Europa große Gefahren für die demokratische Entwicklung eines geeinten Europas bergen.

 

Die Theodor-Heuss-Stiftung will mit Pakiv eine Initiative auszeichnen, die aktiv den Kampf gegen wirtschaftliche Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung aufgenommen hat und sich damit beispielhaft für ein demokratisches und solidarisches Europa einsetzt.

Armut und Ausgrenzung in Europa - am Beispiel Roma

Anlässlich der 41. Theodor Heuss Preisverleihung fand im Vorfeld des Festaktes am Freitag, 28. April 2006, in der Stuttgarter Liederhalle das Kolloquium zum Jahresthema „Armut und Ausgrenzung in Europa – am Beispiel Roma. Die Aufgaben der Dekade zur Integration der Roma“  statt.

 

Nach der Begrüßung durch Ludwig Theodor Heuss, Vorsitzender der Theodor Heuss Stiftung, gaben Dena Ringold, Senior Economist Europe and Central Asia Region, The World Bank, und Costel Bercus, Vorsitzender des Kuratoriums des Roma Education Fund den Impuls zum Thema „Die Aufgaben der Decade zur Integration der Roma“.

 

Dazu gab es Antworten aus  dem Bereich Arbeit von Nikolay Kirilov, Executive Director Pakiv European Roma Fund  „Zugang zu Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten. Ansätze und Methoden für Roma und andere benachteiligte Gruppen“ und

aus dem Bereich Bilung von Eleonora Caldaras und Adrian Adam, Schaworalle – Hallo Kinder „Essentielle Erfahrungen der Roma-Bildungsprojekte aus Deutschland“ und von Sabrina Guttenberger, Schulmediatorin, Landesverband deutscher Sinti und Roma „Die Bildungsarbeit der Landesverbände der deutschen Sinti und Roma“.

 

Im Anschluss stellten sich 7 besonders erfolgreiche Beschäftigungs- und Bildungsprojekte für Roma in Deutschland und Europa vor. Sie präsentierten sich gleichzeitig für je ca. 20 Zuschauer an ihren Ständen mit anschließender Diskussion. Nach einer Pause wechselten die Zuhörer, so dass sich jeder Gast über 2 Projekte intensiv informieren konnte:

Pakiv                                                                                                                     Leadershiptraining

Lokale Beschäftigungsprojekte
Aus Lom/ Bulgarien, Spišska Nová Ves/ Slowakei, Deaj/ Rumänien

Autonomia
Microcredit- und Qualifizierungsprojekte

Schaworalle
Altersübergreifende Bildung und lebenslanges Lernen

Landesverbände Deutscher Sinti und Roma
Bildungs- und Gemeinwesenprojekte

RAA Berlin
Qualifizierung und Beschäftigung im sozialen Bereich

Amaro Kher
Von der Ausgrenzung zur Bildungspartnerschaft

 

 

In der daran anschliessenden Fishbowl-Diskussion „Was bleibt und wie geht es weiter?“ moderiert von Christian Petry, Mitglied des Vorstands der Theodor Heuss Stiftung, erläuterten

James D. Wolfensohn, Theodor Heuss Preisträger 2006

Johannes Linn, Executive Director The Wolfensohn Initiative, The Brookings Institution, Washington

Nicolae Gheorghe, ODHIR, Warschau

Gabriele Müller-Trimbusch, Bürgermeisterin für Soziales, Jugend und Gesundheit der Landeshauptstadt Stuttgart

Gabriele Freitag, Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“

Szilvia Rézműves, Pakiv Projektmoderatorin, Budapest

– und weitere Runden mit wechselnden Teilnehmern –

ihre Eindrücke des Tages.

 

Michael Klett, Mitglied des Vorstands der Theodor Heuss Stiftung gab im Anschluss ein Resümee des Tages.

 

Die Dokumentation des Kolloquiums finden Sie hier:

PV 2006 Dokumentation Kolloquium

     

Audio-Mitschnitt 41. Theodor Heuss Preis Teil 1

Audio-Mitschnitt 41. Theodor Heuss Preis Teil 2

2006