Prof. Dr. Walter Jens und Dr. Inge Jens

Grenzgänger zwischen Macht und Geist

Der THEODOR-HEUSS-PREIS 1988 wurde verliehen an:

 

Professor Dr. Walter Jens und Dr. Inge Jens

 

Walter Jens wird für sein hervorragendes Lebenswerk als radikal-demokratisch engagierter Schriftsteller und entschiedener, immer wieder unbequemer Mahner für aufgeklärtes politisches Denken und humanes politisches Handeln ausgezeichnet. Dabei hat er sich der verbreiteten Behauptung eines unüberbrückbaren Gegensatzes zwischen Geist und Macht in unserer Gesellschaft nie gebeugt. Vielmehr versucht er, durch öffentliche Reden und sein persönliches Engagement zu politischem Handeln anzustiften, das zum Frieden, zur aufgeklärten Toleranz und Gerechtigkeit beitragen soll.

 

Inge Jens hat in gleichfalls hervorragender Weise persönliche Risiken nicht gescheut, um Anstöße zur gemeinsamen politischen Verantwortung von Frauen und Männern zu geben. Durch ihre Veröffentlichungen hat sie maßgeblich dazu beigetragen, daß das Erbe des Widerstands gegen die NS-Diktatur wieder lebendig wurde. Mit ihrem politischen Engagement für Frieden und Abrüstung hat sie vor allem junge Bürger zur demokratischen Verantwortungsbereitschaft ermutigt. In Staat, Universität und Kirche hat sie sich für die Rechte des einzelnen und für seine aktiven Mitwirkungsmöglichkeiten eingesetzt. Gemeinsam geben Inge und Walter Jens – gemäß der Satzung der THEODOR-HEUSS-STIFTUNG – sowohl durch ihr schriftstellerisches Wirken wie durch ihr persönliches Engagement immer wieder ermutigende Beispiele für Zivilcourage und persönliche Verantwortungsbereitschaft.

Klaus von Dohnanyi

Die THEODOR-HEUSS-MEDAILLE 1988 wurde verliehen an:
Dr. Klaus von Dohnanyi

 

In einer Zeit zunehmender innenpolitischer Polarisierung und  Konfrontation hat Klaus von Dohnanyi mit seinem persönlichen Einsatz zugunsten einer gewaltfreien Lösung des kurz vor einer unabsehbar gewalttätigen Auseinandersetzung stehenden Konfliktes in der Hamburger Hafenstraße, unter verantwortungsbewußter Beachtung der Verhältnismäßigkeit der Mittel, ein außergewöhnliches Beispiel des persönlichen Mutes gegeben.

 

Mit seiner Bereitschaft, Gewalt und Blutvergießen verhindern zu wollen und mit seiner Entschlossenheit, dies auch den Hausbesetzern abzufordern, hat Klaus von Dohnanyi nicht vor der Gewalt kapituliert. Vielmehr ist er mit großer persönlicher Autorität den risikoreichen Ausweg aus dem Teufelskreis einer unabsehbaren Eskalation des Konfliktes bis zu bürgerkriegsähnlichen Gewalttätigkeiten vorausgegangen. Darüber hinaus hat Klaus von Dohnanyi ein Beispiel für persönliche Lern- und Verantwortungsbereitschaft des Politikers gegeben, wie es in unserer Zeit sehr selten geworden ist, als er eingestand, bei der Entwicklung des Konfliktes Fehler begangen zu haben und bei einem Scheitern seines Angebotes oder bei Nichteinhaltung seiner Bedingungen seitens der Hausbesetzer von seinem Amt zurücktreten würde.

 

Damit hat Klaus von Dohnanyi im Sinne der Satzung der THEODOR-HEUSS-STIFTUNG außergewöhnliche Zivilcourage bewiesen und unter schwersten Bedingungen ein bemerkenswertes Beispiel für demokratische Verantwortungsbereitschaft gegeben. Angesichts der schweren Beschädigungen unserer politischen Kultur kann und soll dieses Beispiel zum Abbau von Gewaltpotential und zur friedlichen Konfliktbewältigung in unserer Gesellschaft beitragen und ermutigen.

Grenzgänger zwischen Macht und Geist – zwischen Macht und Verantwortung

1988