Wolfgang Edelstein

Demokratisches Lernen an Schulen

 

Unser Theodor Heuss Preisträger 2012, Wolfgang Edelstein, hat für uns vergessen geglaubte Begriffe ins Bewusstsein zurückgerufen, die für die Teilhabe und die Demokratie als Lebensform unerlässlich sind. Verantwortung, Mitbestimmung und Anerkennung sind Grundpfeiler des schulischen Geschehens und der schulischen Gemeinschaft. Schülerpartizipation begünstigt also die Aufforderung und die Möglichkeit, die täglichen und weisenden Interaktionen in der Schule mitzugestalten und mitzuverantworten.

 

1929 in Deutschland geboren, hat Wolfgang Edelstein aufgrund seiner jüdischen Herkunft in seinen ersten Schuljahren selbst erfahren müssen, was Ausgrenzung und Exklusion bedeutet. Nach der Emigration 1938 wuchs Edelstein in Island auf. Er besuchte die neunjährige, isländische Grundschule, die ihn maßgeblich prägte und ihm erstmals ein Gefühl des „Angenommenseins“ vermittelte. Nach dem Abitur, das er in Reykjavik absolvierte, zog es ihn zum Studium nach Grenoble und Paris. Seine Laufbahn begann er zunächst als Lehrer und Studienleiter an der Odenwaldschule in Ober-Hambach. 1963 ging der promovierte Edelstein an das Max-Planck-Institut nach Berlin, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem neu gegründeten Institut für Bildungsforschung arbeitete. Als wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft, wurde er Anfang der 1980er Jahre zum Direktor des Forschungsbereichs „Entwicklung und Sozialisation” berufen. In Island war er langjährig auch als „Chief Scientific Adviser” am hiesigen Kultusministerium tätig und zudem maßgeblich an der Reform des Schulsystems beteiligt. Bis zu seiner Emeritierung 1997, hatte er eine Gastprofessur an der Harvard Universität, arbeitete an Fragen der Moralentwicklung und der moralischen Erziehung, saß im Gründungssenat der Universität Potsdam, entwickelte das „Potsdamer Modell für Lehrerbildung” und war schließlich Mitinitiator des Modellprogramms „Demokratie leben & lernen” der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK), sowie Gründer und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V.

 

Die Erfahrungen von Ex- und Inklusion prägten Edelstein als Menschen und während seiner Tätigkeit als Bildungsforscher. Aus seinen positiven Erfahrungen der Anerkennung und des „Angenommenseins” resultierte sein beachtliches und außerordentliches Engagement, sich für demokratisches Lernen, Teilhabe und Demokratie als Lebens- und Gesellschaftsform einzusetzen.

 

Am 29. Februar 2020 ist Wolfgang Edelstein verstorben. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei ihm und seiner Familie. Er wird fehlen.