Jahrzehntelangen tapferen und geduldigen Bemühungen um den jüdischdeutschen Aussöhnungsprozeß und den Versuch eines neuerlichen Zusammenlebens von Juden und Deutschen in der Bundesrepublik
Der THEODOR-HEUSS-PREIS für 1986 wurde dem Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland Herrn Werner Nachmann zuerkannt für seine jahrzehntelangen tapferen und geduldigen Bemühungen um den jüdischdeutschen Aussöhnungsprozeß und den Versuch eines neuerlichen Zusammenlebens von Juden und Deutschen in der Bundesrepublik.
Dabei waren und sind auf beiden Seiten immer von neuem Ängste, Vorbehalte und Schwierigkeiten zu überwinden. Werner Nachmann hat durch seine versöhnungsbereite Grundhaltung – trotz mancher Rückschläge – hierzu entscheidend beigetragen. Diese Grundhaltung ist es auch, die ihn immer wieder zum offenen Dialog befähigt, um auf diesem Wege das gegenseitige Verständnis zu verbessern. So versteht sich Werner Nachmann auch als versöhnungsbereiter Mittler gegenüber dem Staate Israel. Bei zahlreichen Anlässen hat er zwischen den Regierungen beider Länder auf die diskreteste und selbstloseste Weise eingewirkt und dazu beigetragen, daß mögliche Mißverständnisse überwunden werden konnten. Damit hat er zum Gelingen vieler offizieller deutscher Besuche in Israel und zur Verbesserung der deutsch-israelischen Beziehungen beigetragen.
Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag
THEODOR-HEUSS-MEDAILLEN 1986 wurden verliehen an:
Die Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag – Frau Edna Brocke – Prof. Dietrich Goldschmidt – Pfarrer Otto Schenk – Pfarrer D. Martin Stöhr.
Schon im Jahr 1949 hatte sich der Evangelische Kichentag in einer Grundsatzerklärung entschlossen, „in der Wahrheit und in der Liebe die Begegnung mit Juden zu suchen“. Aus diesem Bekenntnis heraus wurde 1961 die Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen gegründet, die sich seither im brüderlichen Geist der Begegnung und Wiedergutmachung, der Achtung und Hilfe um die deutsch- jüdische Aussöhnung verdient gemacht hat. Ihre Arbeit ist geprägt vom Gedanken des Miteinanders durch gemeinsames Lernen und Handeln. Während der Kirchentage bemüht sich die Arbeitsgemeinschaft in unzähligen Veranstaltungen, Diskussionen und Vortragsreihen, sich dem Friedensauftrag der Kirchen zu stellen und zum Abbau gegenseitiger Vorurteile im deutsch- jüdischen Verhältnis beizutragen.
Tadeusz Szymanski
THEODOR-HEUSS-MEDAILLEN 1986 wurden verliehen an:
Tadeusz Szymanski für seinen unermüdlichen Einsatz als Betreuer und Gesprächspartner für Besuchergruppenn im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz. Tadeusz Szymanski war Häftling in Auschwitz, Groß- Rosen und Buchenwald. Nach der Befreiung wirkte er aktiv am Aufbau des Staatlichen Museums in Auschwitz mit. Über Jahrzehnte hat Tadeusz Szymanski unzählige Gruppen, die das Konzentrationslager besucht haben, geführt, betreut, informiert, sie mit den Ursachen und Folgen des Faschismus konfrontiert. Er war dabei immer ein hilfreicher Gesprächspartner, der aufgeschlossen und verständnisvoll, ohne Vorbehalte und Vorwürfe den Kontakt und das Gespräch gesucht hat. Für viele Menschen erbrachte die Begegnung mit Tadeusz Szymanski die Erfahrung, daß Versöhnung Erinnern voraussetzt. Es ist seine Lebensleistung, den Mut zum Erinnern immer von neuem zu wecken und die Kraft zur Versöhnung zwischen Deutschen und Polen zu stärken.
Förderverein Internationale Jugendbegegnungsstätte Dachau
THEODOR-HEUSS-MEDAILLEN 1986 wurden verliehen an:
den Förderverein Internationale Jugendbegegnungsstätte Dachau.
Der Förderverein sieht seine Aufgabe und Chance darin, gerade zwischen jungen Menschen durch Mut zum Erinnern Kraft zur Versöhnung zu entwickeln. Die Mitglieder haben sich deshalb zum Ziel gesetzt, eine internationale Jugendbegegnungsstätte in Dachau zu schaffen. Der Grundgedanke ist, die vielen tausend jungen Menschen, die alljährlich das ehemalige Konzentrationslager Dachau besuchen, pädagogisch zu betreuen, um ihnen zu helfen, die erschütternden Eindrücke besser verarbeiten zu können. Zu diesem Ziele hat eine Gruppe pädagogisch engagierter Bürger den jetzt 240 Mitglieder zählenden Verein gegründet.
Mut, Engagement und Zivilcourage sind die Voraussetzung für die öffentlichkeitswirksame Arbeit des Vereins, der auch gegen örtliche Widerstände anzukämpfen hat. Es wurden bisher schon Zeltlager und Camps für internationale Begegnungen organisiert, die sich thematisch mit den Ursachen und Folgen des Faschismus auseinandergesetzt haben. Dabei wird die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus – also das Erinnern – als wesentliches Element politischer Bildungsarbeit angesehen, um daraus die Kraft zur Versöhnung zu schöpfen.
Hartmut Peters und das Schüler-Lehrer-Projekt Juden besuchen Jever
THEODOR-HEUSS-MEDAILLEN 1986 wurden verliehen an:
Hartmut Peters und das Schüler-Lehrer-Projekt Juden besuchen Jever für ihr jahrelanges Engagement um deutsch-jüdische Aussöhnung am Beispiel der eigenen Heimatstadt.
Die Schüler- Lehrer- Gruppe geht auf eine Schülerbegegnung zurück, die seit 1978 immer wieder auch Lehrer motiviert hat, bei der Erkundung der örtlichen Vergangenheit, bei der Präsentation der Ergebnisse und bei politischen Projekten zu helfen. Lehrer und Schüler wollen in ihrer aktiven Arbeit vor allen Formen eines Neofaschismus warnen, gegen Ausländerfeindlichkeit kämpfen, sich mit schweigenden Eltern und Großeltern auseinandersetzen und Defizite des Schulunterrichts ausgleichen. Außerdem wurden Dokumentationen zur Geschichte der Juden in Jever erstellt und der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Gruppe organisierte auch Begegnungen zwischen Juden und Bürgern aus Jever. Damit haben Lehrer und Schüler durch sehr viel persönliches Engagement, Mut und Zivilcourage einen großen Beitrag zum Erinnern geleistet und damit zur Aussöhnung von Deutschen und Juden in einer Kleinstadt beigetragen, in der unsere deutsche Geschichte auch ihre negativen Spuren hinterlassen hat.
Erwin Essl
THEODOR-HEUSS-MEDAILLEN 1986 wurden verliehen an:
Erwin Essl dem Vorsitzenden der Bayerischen Gesellschaft zur Förderung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion. Erwin Essl hat es sich seit 1967 zur Aufgabe gemacht, zur Verbesserung des deutsch-sowjetischen Verhältnisses beizutragen, neue Wege zur Verständigung zu suchen und damit Schritte zur Vertrauensbildung zwischen den historisch belasteten Völkern und Staaten zu wagen. Als aufrechter Demokrat hat Erwin Essl durch sein Engagement in zwei Jahrzehnten wachsendes Vertrauen aufbauen können, das die Voraussetzung für viele folgende deutsch-sowjetische Kontakte war und ist. Erwin Essl organisierte in den siebziger Jahren die erste große Ausstellung eines Bundeslandes in Moskau. Es folgten wissenschaftliche Kongresse, Begegnungen zwischen Gewerkschaften und Industriellen beider Seiten sowie internationale Friedens- und Abrüstungsgespräche. Institutionen, Parteien, Firmen, Akademien haben Erwin Essl immer wieder als hervorragenden Kenner des deutsch-sowjetischen Dialogs um Rat gefragt bei der Knüpfung neuer Geschäftsbeziehungen, bei Vermittlung von Buch- und Filmproduktionen und der Intensivierung kirchlicher Kontakte. Erwin Essl hat damit durch konkretes Handeln ein Zeichen für Versöhnung gesetzt.
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