Preisträger 2010

Dr. Michael Otto

Nachhaltig Handeln für die Umwelt

Den Markennamen OTTO – wer kennt ihn nicht? Denn sein Namensgeber Michael Otto hat in den Jahren von 1981 bis 2007, in denen er als Vorstandsvorsitzender an der Spitze dieser Wirtschaftsgruppe stand, das Unternehmen zum international größten und einzigen weltweit agierenden Versandhandelshaus gemacht. Mit 123 Firmen in 19 Ländern Europas, Amerikas und Asiens ist der Otto-Konzern heute im Internet-Geschäft bei Mode und Lifestyle global die Nummer eins. Eine respektable Bilanz, die Michael Otto, Jahrgang 1943 und inzwischen Aufsichtsratsvorsitzender seiner Hamburger Handels- und Dienstleistungsgruppe, vorlegen kann.

 

Vor rund vier Jahrzehnten trat Michael Otto, nach Banklehre und volkswirtschaftlichem Studium, in das Unternehmen seiner Familie ein. Durch den Umbau von Organisationsstrukturen, aber auch durch die Erweiterung der Geschäftsfelder trug er wesentlich zum Wachstum seiner Gruppe bei. Aber neben dem wirtschaftlichen Erfolg zeichnet ihn aus, dass beim Versandhaus eine umfassende Umwelt- und Sozialpolitik integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie und -praxis sind – wahrlich in beispielhafter Form. Denn Otto ist überzeugt, dass nur jene Firmen solide für die Zukunft aufgestellt sind, die zwar ökonomisch erfolgreich agieren, aber zugleich gesellschaftspolitisch verantwortungsbewusst handeln. Deshalb hat er schon früh das Prinzip des nachhaltigen Wirtschaftens in seinen Betrieben eingeführt. Bereits 1986 wurde etwa der Umweltschutz als Unternehmensziel verbindlich festgeschrieben.

 

Dabei lässt es allerdings Michael Otto nicht bewenden: Mit dem Import von Handelswaren aus vielen Regionen der Welt versucht er mit Beharrlichkeit, auch bei den Lieferanten ökologische und soziale Standards umzusetzen. Das Unternehmen bemüht sich seit langem, für alle Kooperationspartner einen einschlägigen Verhaltenskodex aufzustellen, etwa bei Arbeitszeit- und Lohnregelungen, Diskriminierungen nach Geschlecht, politischer Überzeugung und ethnischer Herkunft, auch dem Verbot von Kinderarbeit. Dahinter steht die Haltung Ottos, bei der Herstellung auch qualitativ hochwertiger Produkte „so wenig negative Auswirkungen wie nur möglich auf Mensch und Umwelt“ entstehen zu lassen.

 

Aber das gesellschaftspolitische Engagement des ungewöhnlichen Wirtschaftsführers beschränkt sich nicht auf seine eigene Firmengruppe. In vielen Organisationen und Institutionen der Politik, Kultur, Umwelt und Wissenschaft ist er bis heute aktiv. Dazu zählen beispielsweise drei Stiftungsprofessuren in Greifswald, Hamburg und Berlin. Mit seiner Michael Otto Stiftung, seit 1993 tätig, widmet sich der Mäzen besonders drei Aktionsfeldern: nämlich der Förderung von Projekten zum Schutz der Ressource Wasser und den betroffenen Lebensräumen, der Verknüpfung von wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und kulturellen Aspekten sowie dem Dialog zwischen gesellschaftlichen Interessengruppen aus Wirtschaft, Naturschutz, Politik und Wissenschaft. Gespräche, Diskussionsveranstaltungen, Kolloquien bilden dazu den Rahmen.

 

Ottos vielfältige Initiativen finden in zahlreichen Auszeichnungen und Ehrungen ihre Würdigung.

 

 

Preisträger 2010

Prof. Dr.-Ing. h.c. Berthold Leibinger

Erfindergeist im Einsatz für die Gemeinschaft

Die Dinge besser machen als andere: Dieses Motto wurde für den Unternehmer Berthold Leibinger zu einem einmaligen Erfolgsrezept. Denn mit dieser Maxime hat er in fünf Jahrzehnten das kleine schwäbische Familienunternehmen Trumpf zum Weltmarktführer entwickelt: in der industriellen Lasertechnik und bei Werkzeugmaschinen in der Fertigungstechnik. Rund 8000 Mitarbeiter in 60 Niederlassungen rund um den Globus setzen jährlich rund 1,7 Milliarden Euro um. Der jetzige Aufsichtsratsvorsitzende des Marken-Betriebes erklärt deshalb stolz: „Jeder, der heute auf dieser Welt lebt, arbeitet oder reist, kommt mit Produkten in Berührung, die auf unseren Maschinen gefertigt werden.“ Das reicht von Sägeblättern bis zu Flugzeugturbinen, von Injektionsnadeln bis zu Servergehäusen.

 

Dabei waren die Anfänge des Berthold Leibinger durchaus bescheiden. 1930 in Stuttgart geboren, begann er 1950 eine Mechanikerlehre bei der Firma Trumpf & Co in Stuttgart-Weilimdorf, weil Leibingers Eltern und das Trumpf-Ehepaar befreundet waren. Nach einem Ingenieurstudium in Maschinenbau und einem USA-Aufenthalt gelangen ihm in den sechziger Jahren als Leiter der Konstruktionsabteilung bei Trumpf mehrere Neukonstruktionen, die zu einer völligen Umgestaltung des betrieblichen Produktionsprogramms führten. Sie bildeten die Grundlage für das spätere erstaunliche Wachstum der Firma. Als Vorsitzender der Geschäftsführung und Gesellschafter von 1978 bis 2005 schaffte er wirtschaftlich den Sprung in die erste Reihe. Seitdem führt seine Tochter Nicola den Vorsitz der Geschäftsführung, Sohn Peter verantwortet den Geschäftsbereich Lasertechnik/Elektronik. Berthold Leibinger, dem heute 100 Prozent der Anteile von Trumpf gehören, zog sich auf den Aufsichtsratsvorsitz zurück.

 

Mut, Erfindergeist, Familiensinn und Gesellschaftsengagement: Das zeichnet die außergewöhnliche Karriere des schwäbischen Ingenieurs Leibinger aus. Seine außerordentlichen Erfolge haben ihn mit diesen Tugenden Recht gegeben. Der Familienbetrieb ist für ihn „schlicht die beste Unternehmensform der Welt“. Nicht mehr eine Einrichtung bloß zum Broterwerb, sondern eine „Stärke der Geborgenheit und Kommunikation, an der jeder Sinnvolles leisten kann und soll“. So ist Trumpf heute ein Vorbild an Innovationskraft und Unternehmenskultur.

 

Zeitlebens hat der Firmenpatriarch aber auch stets verbandspolitische und kulturelle Aufgaben übernommen, im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau ebenso wie etwa im Innovationsrat der Landesregierung von Baden-Württemberg wie beim Bundeskanzler. Zugleich ist er Vorstandsvorsitzender der Internationalen Bachakademie und leitet den Freundeskreis des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Die 1992 eingerichtete Berthold Leibinger Stiftung widmet ihre Erträge ausschließlich kulturellen, wissenschaftlichen, kirchlichen und mildtätigen Zwecken. Daneben erfuhr der so permanent aktive Mäzen für sein soziales Engagement vielfältige Ehrungen und Auszeichnungen. Ein Ausnahme-Unternehmer, eben einfallsreicher als andere.

Free Software Foundation e.V.

 

 

Unsere Gesellschaft wurde schon immer von bestimmten Techniken geprägt. Lesen, Schreiben, Rechnen sowie Ackerbau, Buchdruck und Rundfunk haben die Art verändert, auf die wir unsere Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst betreiben.

 

Die wichtigste Kulturtechnik des 21. Jahrhunderts ist Software. Die Free Software Foundation Europe (FSFE) setzt sich dafür ein, dass die Menschen in unserer Gesellschaft diese Kulturtechnik selbstbestimmt gestalten können. Software ist heute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Für die meisten von uns vergeht kein Tag, ohne dass wir Software benutzen. Jeder kennt Software vom Computer am Arbeitsplatz, vom Laptop oder vom Mobiltelefon. Doch sie ist auch dort, wo die meisten Menschen sie nicht vermuten: in Zügen, Autos, Fernsehapparaten, Waschmaschinen, Kühlschränken und vielem mehr. Ohne Software wären viele dieser Geräte wertlos. Ohne Software könnten wir keine E-Mails schreiben, keine Telefonate erledigen und nicht in der Weise einkaufen oder reisen, in der wir es heute tun.

 

Software ist das zentrale Werkzeug unserer Gesellschaft. Wenn wir andere über unsere Werkzeuge bestimmen lassen, können sie Macht über uns ausüben. Wer über eine Suchmaschine bestimmt, entscheidet, was wir finden. Wer die Kontrolle über unsere E-Mails hat, kann uns zensieren. Allein über einen Kommunikationsdienst bestimmen zu können, bedeutet Macht darüber zu haben, wer sich mit wem über was austauschen kann. Wer über die Funktionsweise der Software in einem Unternehmen entscheidet, kann Arbeitsprozesse beeinflussen oder behindern.

 

In modernen Demokratien ist Macht verteilt. Wir teilen legislative, exekutive und judikative Aufgaben zwischen unterschiedlichen Institutionen. Wir verteilen Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Ebenen wie Bund, Ländern und Kommunen. Mit der Pressefreiheit wirken wir einem Informations-Monopol entgegen, in dem zu viel Meinungsmacht in zu wenigen Händen konzentriert wäre. Das Ziel ist stets, Macht so auszubalancieren, dass selbst unser größter Widersacher innerhalb des demokratischen Systems Platz hat.

 

Wird Software als zentrales Werkzeug unserer Gesellschaft nur von einigen wenigen kontrolliert, ist dies eine Bedrohung für unsere Demokratie. Von Software hängt nicht nur unsere Kommunikation ab, sondern auch ein großer Teil unserer Infrastruktur. Die FSFE arbeitet dafür, dass die Benutzer mündig werden und die Kontrolle über die Software in den Händen aller liegt. Die Gesellschaft darf sich nicht von anderen abhängig machen, wenn es um die Gestaltung ihres zentralen Werkzeugs geht. Unsere Gesellschaft muss allen die Möglichkeit geben, dieses zentrale Werkzeug selbst zu formen. Dafür benötigen wir die Freiheiten, die Software für jeden Zweck zu verwenden, ihre Funktionsweise zu verstehen, sie weiter zu verbreiten und sie zu verändern.

 

–           *Verwenden* Die Freiheit, die Software für jeden Zweck zu verwenden, verhindert Diskriminierung  und ermöglicht allen Menschen eine Teilhabe an der Gesellschaft.

 

–           *Verstehen* Unsere Gesellschaft muss die Freiheit haben, die Funktionsweise ihres wichtigsten Werkzeugs zu verstehen.

 

–           *Verbreiten* Die Freiheit, die Software weiter zu verbreiten, stellt sicher, dass wir unsere Werkzeuge miteinander teilen und uns gegenseitig helfen können.

 

–           *Verbessern* Schließlich muss eine Gesellschaft die Möglichkeit haben, ihre Werkzeuge selbst zu verändern oder von anderen verändern zu lassen, um sie weiter zu entwickeln und an individuelle Bedürfnisse anzupassen.

 

Software, die ihren Benutzern diese vier Freiheiten gibt, ist Freie Software. Die Free Software Foundations in den USA, in Europa, in Indien und in Lateinamerika setzen sich seit 1985 für diese vier Freiheiten ein.

Als gemeinnützige und unabhängige Organisation arbeiten wir, die FSFE, im Dialog mit Politik, Verwaltung und anderen Organisationen dafür, dass auf UN- und EU-Ebene sowie in den europäischen Ländern gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die allen Menschen die Teilnahme an der Informationsgesellschaft ermöglichen. Dazu gehört auch, Gesetze zu verhindern, die den Nutzern von Software ihre Freiheiten nehmen könnten. Wir tragen die Idee Freier Software in die unterschiedlichsten Teile unserer Gesellschaft. Wir beraten Freie-Software-Entwickler, damit diese sich darauf konzentrieren können, bessere Werkzeuge zu programmieren. Wir erklären Unternehmen, welche wirtschaftlichen Vorteile sie von Freier Software haben. Wir helfen Software-Unternehmen zu verstehen, wie sie Geld mit Freier Software verdienen können. Die Gesellschaft profitiert von all diesen Tätigkeiten, indem sie bessere Werkzeuge bekommt und die Kontrolle über diese Werkzeuge behält. Eine demokratische Gesellschaft braucht starke Stützen. Eine davon ist Freie Software.

Oxfam Deutschland e.V.

 

Oxfam Deutschland e.V. ist eine unabhängige deutsche Hilfs- und Entwicklungsorganisation, die sich seit 1995 für eine gerechte Welt ohne Armut einsetzt. Oxfam leistet Nothilfe in Krisen, stärkt sozial engagierte Kräfte vor Ort, deckt die der Armut zugrunde liegenden Strukturen auf und drängt Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft zum verantwortlichen Handeln.

 

Oxfam ist davon überzeugt, dass alle Menschen weltweit ein Recht haben auf:

 

·                     nachhaltige Existenzgrundlagen (Ressourcen, gute Arbeit…)

 

·                     soziale Grunddienstleistungen (Bildung, Gesundheitsfürsorge, Trinkwasser….)

 

·                     ein Leben in Sicherheit (Schutz vor Gewalt, Anspruch auf Hilfe…)

 

·                     politische Beteiligung und Selbstbestimmung (Demokratie, Zivilgesellschaft…)

 

·                     freie Entfaltung der Persönlichkeit (Geschlechtergerechtigkeit, Minderheitenschutz…)

 

Zur Durchsetzung dieser Rechte wollen wir beitragen.

 

Oxfam fördert Projekte zur Entwicklung und Konfliktbewältigung gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen in Ländern Afrikas, südlich der Sahara und in Südasien und beteiligt sich an Hilfsmaßnahmen in humanitären Krisen weltweit. Wir engagieren uns im Kampf gegen HIV/Aids, fördern Existenzgründungen und Ressourcenschutz, unterstützen den Bau von Schulen und Wasserversorgungsanlagen, sorgen für Trinkwasser und Hygienemaßnahmen in Flüchtlings-Camps und vieles mehr.

 

In unserer Lobby- und Kampagnenarbeit in Deutschland setzen wir uns ein für mehr und bessere Entwicklungshilfe, allgemeinen Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, gerechte Handelsregeln, faire Arbeitbedingungen, Schutz der Zivilbevölkerung, Klimaschutz und Bewältigung der Folgen des Klimawandels.

 

Oxfam Deutschland finanziert seine Arbeit vor allem durch die Erträge der 35 deutschen Oxfam-Shops, die von 2.100 Ehrenamtlichen geführt werden, und durch private Spenden. Für bestimmte Einzelvorhaben erhalten wir Zuschüsse von der Bundesregierung und der EU.

 

Oxfam Deutschland ist Mitglied von Oxfam International, dem einflussreichen Verbund von 14 gleichberechtigten, eigenständigen, nationalen Oxfam-Organisationen in aller Welt, die mit mehr als 3.000 lokalen Partnerorganisationen in über 100 Ländern zusammenarbeiten. Die Mitgliedsorganisationen von Oxfam International verfügen über mehr als 65 Jahre Erfahrung in der Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit.

Soziale Marktwirtschaft in der Globalisierung

Am Freitag, dem 7. Mai 2010 fand im Literaturhaus Stuttgart das traditionelle Kolloquium zum Jahresthema anlässlich der 45. Theodor Heuss Preisverleihung  „Soziale Marktwirtschaft in der Globalisierung“ statt.

 

Die Voritzende des Kuratoriums, Prof Dr. Gesine Schwan, führte in das Jahresthema ein.

 

Die erste Diskussionsrunde stand unter dem Thema „Good Global Governance? Das Soziale als Herausforderung einer internationalisierten Wirtschaft“. Das  Impulsreferat „Wirtschaft“ hielt Dr. Michael Otto, Vorsitzender des Aufsichtsrats Otto GmbH & Co. KG, das Impulsreferat „Zivilgesellschaft“ wurde von Paul Bendix, Geschäftsführer Oxfam Deutschland e.V. vorgetragen.

 

Die zweite Diskussionsrunde „Kapitalismus und Verantwortung? Reformbedarf der Marktwirtschaft nach der Krise“ wurde nach Impulsen von Prof. Dr. Berthold Leibinger, Vorsitzender des Aufsichtrats Trumpf GmbH & Co. KG für die Sicht der Wirtschaft und von Karsten Gerloff, Präsident Free Software Foundation Europe e.V. für die die Sicht der Zivilgesellschaft von Dr. Rupprecht Podszun wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht, der die Veranstaltung moderierte, eröffnet.

 

Die  Zusammenfassung und Ausblick auf die Herbsttagung 2010 übernahm in diesem Jahr  Joachim Dorfs, Chefredakteur Stuttgarter Zeitung.

 

Eine Kurzdokumantation des Kolloquiums finden Sie hier:

PV 2010 Kurzdokumentation KQ für Jahresband

 

   

Mitschnitt der Verleihung des 45. Theodor Heuss Preises

2010